FRAGEN DES ARBEITSKREISES RUNDER TISCH ARMUT

I. THEMENBEREICH WOHNEN

1. Der Stadtrat beschloss 2008 das Integrierte Stadtentwicklungskonzept. Hierin sind mindestens 1.400 (bis 2.100) neue gebaute Wohnungen bis 2020 vorgesehen. Ist dies Ihrer Ansicht nach gelungen?

Antwort Thomas Apfel:

Wenn ich auf das schaue, was sich seit der Verabschiedung des ISEK in Coburg getan hat, dann sind wir auf einem sehr, sehr guten Weg. Nicht nur, dass in der unmittelbaren Innenstadt rund um den Albertsplatz neuer Wohnraum geschaffen und bislang brach liegende Flächen saniert wurden, es wird und wurde auch an zahlreichen anderen Stellen im Stadtgebiet gebaut. Der Mix aus privaten Investitionen und Projekten, die die städtische Wohnbau plant und umsetzt ist äußerst zielführend. Ob das ehemalige Lavita-Gebäude in der Ketschendorfer Straße, die ehemaligen Brockard-, Milchhof- oder DSZ-Gelände, der Bereich des früheren Autohauses am Sonntagsanger, die Neubaugebiete in Scheuerfeld oder auch am Hasenstein in Creidlitz – in Coburg wird so viel gebaut und entwickelt wie schon lange nicht mehr. Ergänzt durch das Programm „Soziale Stadt“ in Wüstenahorn, entstand und entsteht eine sinnvolle Mischung aus sozialem Wohnungsbau und Immobilien für den freien Markt. Weitere Projekte, wie etwa das Gelände des früheren Kreisbauhofs in Scheuerfeld oder das Sanierungsgebiet in der Steinweg-Vorstadt sind bereits angestoßen, so dass wir in Coburg auch in den kommenden Jahren weiter kontinuierlich zusätzlichen Wohnraum schaffen beziehungsweise bereits existierenden Wohnraum durch gezielte Ausweisung von Sanierungsgebieten und den damit möglichen hohen Förderungen gezielt reaktivieren.

2. Sind Ihrer Ansicht nach für eine dreiköpfige Familie ausreichend Wohnungen vorhanden, die zum Preis von 463.- Euro (Miete + Betriebskosten) neu angemietet werden können? Reichen bei dieser Familie Ihrer Ansicht nach 70.- Euro monatlich aus für das beheizen mit Gas?

Antwort Thomas Apfel:

Nach der gültigen Gesetzgebung, geht man davon aus, dass eine dreiköpfige Familie, die Leistungen nach dem StGB erhält, Anspruch auf eine Wohnung mit rund 75 Quadratmeter hat. Demzufolge stünden laut ihrer Frage hier etwas mehr als 7 Euro pro Quadratmeter (Warmmiete) zur Verfügung. Die aktuellen Mieten der städtischen Wohnbau liegen zum Teil sogar noch darunter aber auch auf dem so genannten „freien Markt“ lassen sich aktuell auf den einschlägigen Portalen im Internet passende Mietangebote finden.

II. THEMENBEREICH KINDERARMUT

1. Wie kann nach Ihrer Auffassung bildungspolitisch erreicht werden, dass auch in Coburg allen Kindern nach ihren Fähigkeiten und unabhängig vom Elternhaus gleiche Bildungschancen zur Verfügung stehen?

Antwort Thomas Apfel:

Die Bayerische Bildungspolitik liegt zu allererst in der Verantwortung der Staatsregierung. Gleiche Bildungschancen für alle, sind aus meiner Sicht aber nicht nur Ländersache, denn hier spielen auch die Lernangebote vor Ort eine immens große Rolle. Als Kommune hat Coburg in den letzten Jahren für die Entwicklung unserer Schulen enormes Eigenengagement bewiesen. Bis auf wenige Ausnahmen, sind unsere Schulen grundlegend saniert (und das zum Teil trotz ausbleibender staatlicher Förderung), verschiedene Ganztagestagesangebote sind in allen Schularten vorhanden und die Zusammenarbeit, sowohl zwischen dem Land aber auch dem Landkreis und Coburg funktioniert. Die Bildungsregion Coburg, in der interkommunal zusammengearbeitet wird, ist weit über die Grenzen der Region hinaus beispielsgebend. Bereits seit Anfang 2014 sind wir als bayerische Bildungsregion zertifiziert und das Experten-Netzwerk arbeitet kontinuierlich daran, unsere Bildungsangebote qualitativ weiter zu verbessern und mit neuen, innovativen Ideen unsere Bildungslandschaft mittel- und langfristig für die zukünftigen Herausforderungen weiterzuentwickeln.

Die Angebote und Möglichkeiten allen Kindern in Coburg gleiche Bildungschancen zu ermöglichen, sind bei uns vor Ort vorhanden und so gut wie in kaum einer anderen Region in Deutschland. Nun muss es uns gelingen – und da sind nicht zuletzt die Lehrkräfte in der Schulen gefragt – die (oftmals familiär begründeten) Barrieren (im Kopf) einzureißen und auch und vor allem Kindern aus armen Familien die bestmögliche Unterstützung für den bestmöglichen Bildungsweg zu gewährleisten.

2. Wie kann aus Ihrer Sicht der massiven Benachteiligung armer Kinder (allein in Coburg leben etwa 1000 Kinder in sogenannten Bedarfsgemeinschaften, deren Eltern Arbeitslosengeld

Antwort Thomas Apfel:

Als ehrenamtlicher Kinderbeauftragter der Stadt Coburg, ist mir die von Ihnen angesprochene Situation nicht fremd. Es kann und darf nicht sein, dass in einem Land wie Deutschland, die finanzielle Situation der Eltern über die Bildung- und Entwicklungschancen und die soziale Teilhabe an der Gemeinschaft eines Kindes entscheiden. Aber auch hier gibt es viele Angebote, Möglichkeiten und Chancen, ob staatlich, kommunal oder privat initiiert, um genau diesem Phänomen entgegenzuwirken. Eines meiner Hauptziele wird es werden, diese Angebote bekannt zu machen, dafür zu werben und die Scham, die viele Menschen haben, wenn es darum geht, Hilfe von Dritten anzunehmen, endlich abzubauen. Es kann und darf auch in diesem Bereich nicht sein, dass ein – aus meiner Sicht völlig falsches Denken – die Entwicklung unserer Kinder negativ beeinflusst und Angebote, die dem entgegenwirken, ungenutzt bleiben.

III. THEMENBEREICH BESCHÄFTIGUNGSINITIATIVEN

1. Langzeitarbeitslose haben trotz guter Konjunktur auf dem 1. Arbeitsmarkt kaum eine Chance, eine Anstellung zu finden. Sie benötigen Hilfe und Unterstützung. Wie kann Ihrer Meinung nach die Stadt Coburg ein adäquates Beschäftigungsangebot für die Betroffenen schaffen?

Antwort Thomas Apfel:

Aktuell (stand Januar 2020) sind in Coburg rund 1.200 Menschen arbeitslos, wobei etwa die Hälfte Leistungen nach dem StGB II bezieht. Die Nachfrage nach Fachkräften ist in unserer Region nach wie vor hoch, so dass die Grundvoraussetzungen nicht zwingend negativ zu beurteilen sind. Langzeitarbeitslosigkeit geht jedoch sehr oft mit nicht einfach zu lösenden (multiplen) Problemlagen einher. Alleinerziehende, die nicht in Vollzeit arbeiten können, Menschen mit physischen oder psychischen Einschränkungen oder auch mangelnder beziehungsweise fehlender Schul- und Berufsausbildung. Einer der Schlüssel ist aus meiner Sicht eine intensivere Betreuung aber auch eine deutlich bessere Vernetzung der zuständigen Stellen und Ämter. Jobcenter, Sozial- und Jugendämter müssen bei der Suche nach passenden Fördermöglichkeiten und bei Beratungs-, Betreuungs- und Vermittlungsangeboten intensiver zusammenarbeiten und individuell abgestimmte Lösungen anbieten. Dafür sind im Zweifelsfall mehr Stellen in der Verwaltung zu schaffen – auf Bundes- Landes- und auch auf kommunaler Ebene. Ich bin gerne bereit, für den städtischen Anteil eines solchen ganzheitlichen, aufeinander abgestimmten und cofinanzierten Konzepts zu werben. Da der Kontakt zur heimischen Wirtschaft ganz oben auf meiner Agenda als Oberbürgermeister steht, werde ich auch hier immer wieder die Problematik ansprechen und zusammen mit unseren Wirtschaftsvertretern nach Lösungswegen suchen, die die Unternehmen bei ihrer Suche nach Arbeitskräften unterstützen und im Idealfall Langzeitarbeitslosen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt ermöglicht.

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